Hochtouren im Festsaal der Alpen

Aschaffenburg trifft grandioses Spektakel

26.07.2024

Tour-Nr. S 2024-15 vom 20. – 26.07.2024

Leitung: Andreas Löffler, Michael Harnischfeger

..so oder so ähnlich könnte man diese Tour beschreiben. Schon in der Vorbesprechung wurde klar, dass die Unternehmung mit ganz tollen Menschen, einer gesunden Portion Humor und ganz viel Abenteuerlust starten würde. Dazu ein einzigartiges Umfeld in der Berninagruppe, und schon hat man den Festsaal gefüllt.

 

Beginn war am Samstag um 14 Uhr an der Talstation des Diavollezza-Skigebiets und des gleichnamigen Berghauses. Nach kurzem Check, wer was mitnehmen sollte, ging es nach Morteratsch zum Startpunkt der Tour. Über einen wunderschönen Steig, der entlang der Moräne des Morteratschgletschers zur Bovalhütte führt, begann die Tour, die Andi bereits vor Jahren geplant hatte. Nach zwei Stunden war das Tagesziel erreicht und die einzelnen Gruppenmitglieder lernten sich noch ein wenig kennen. 

Am nächsten Morgen um 3:30 Uhr war Aufstehen angesagt. Nach einem guten Frühstück machten wir uns auf die „Eingeh-Tour“ zum Morteratsch. Noch im Dunkeln ging es in Serpentinen bergan auf ein Schneefeld, auf dem wir uns bei wunderschönem  Sonnenaufgang ausrüsteten, die Stöcke wichen dem Seil und aus Wiesenhang wurde Fels. Am Einstieg ging es über eine Alu-Leiter auf den Fels in Richtung Grat. Bei gutem Wetter kletterten wir nicht allzu schwer an teils ausgesetzten Stellen über die „Fuorcla da Boval“ bis zum Ausstieg an den schneebedeckten Rücken des Gipfelaufschwungs. Es ging noch knappe 400 Hm in Richtung Tagesziel durch griffigen Schnee. Oben angekommen, bewunderten wir den Biancograt, der direkt vor unseren Augen mit den Wolken spielte – welch ein Anblick! Tobi zückte seinen „Luxusartikel“ und jeder durfte einmal seinen Blutsauerstoff in dieser Höhe kontrollieren. 3.751 m waren schon etwas anderes! Der Abstieg ging entlang der Aufstiegsroute. Wir ließen aber Teile des Grats aus, gingen über den oberen Bereich des Tschiervagletschers an den Fels und seilten uns, zur Vorbereitung auf die kommenden Tage, zweimal in Richtung der Bovalhütte ab. Auch wenn es zeitaufwändig war, war es ein großartiges Tagesprogramm mit vielen alten und neuen Lerninhalten. Es wurde über die Basics gesprochen, Neuerungen in der Seil- und Knotentechnik und auch über die unterschiedliche Kondition der Gruppenmitglieder. Nach achteinhalb Stunden waren alle wieder zurück auf der Hütte und genossen den Nachmittag und das Essen, das lecker und reichhaltig war.

Der Montag startete ähnlich wie der Sonntag, diesmal aber ein wenig bergab auf die Morteratsch-Gletscherzunge, die wir in Richtung Fortezza-Grat überschritten. Nach kurzem Blankeis ging es wieder in den Fels. Andi testete kurz, ob Körpergewicht und Carbonstöcke zusammenpassen – leider nicht unter den Füßen. So ging es dann mit einem Stock weniger in den Schotterhang, den wir an diesem Morgen erst einmal überwinden mussten. Nach einer guten Stunde war dieser Hang dann eher gutem Fels gewichen, und es ging sogar teils auf Stufen bergan bis an die steile Schneefläche, die zwischen uns und dem Grat noch wartete. Hier hat Michael eindrucksvoll gezeigt, wie gespurt wird und wie die Seilschaften auch hier die unterschiedlichen Neigungen meistern können, und nach fast drei Stunden Gesamtgehzeit waren wir dann am Einstieg in die Kletterpassagen.

Morgens waren noch Frühnebelfelder durchgezogen, aber später am Grat war bestes Kletterwetter mit schönen Passagen bis in den 3.Grad. Die Tiefblicke waren noch imposanter als am ersten Tag. Am Ausstieg auf der Bellavista-Terrasse hieß es wieder, Steigeisen anziehen, und es begann der lange Weg zur Marco e Rosa Hütte. Der Schnee war relativ gut und wurde mittags natürlich etwas weicher, aber selbst in dem steilen Stück etwa eine halbe Stunde vor der Hütte ließ es sich hervorragend bergab gehen. Nach achteinhalb Stunden Tagesprogramm kamen wir etwas erschöpft an der Hütte an, um dann zu erfahren, dass wir im Winterraum (d.h. in der ursprünglichen Hütte) übernachten mussten. War das ein Spaß, wobei fast alle in dieser Nacht sehr gut schlafen konnten.

Dienstag, der große Tag: Nachts kam ein wenig Regen. Was am Vortag schon besprochen wurde, wurde nun in die Tat umgesetzt, erstmal etwas länger schlafen und dann noch gemütlich frühstücken oder was man auf italienischen Hütten so Frühstück nennen kann, erst recht auf 3600 m – aber Zwieback und Schokocreme waren köstlich!). Wir starteten um 6:20 Uhr an der Hütte mit dem Ziel Piz Bernina. Der Nebel nahm uns die Sicht, und es ging 200 Hm hinter der Hütte im Schnee steil an die Wand. Der Weg führte zuerst durch teils verschneite und vereiste Rinnen in den Fels, der sich gut klettern ließ, hinauf zu ausgesetzten Scharten, die dann noch mit schmalen Schneebrücken überzogen waren. Der Spallagrat ließ sich gut queren und wir verpassten den wolkenfreien Gipfel nur um wenige Minuten. Andi hatte mit seiner Seilschaft an diesem Tag die Nase vorn und wurde belohnt. Ein paar Minuten, nachdem alle Seilschaften oben waren und Pause machten, ging es wieder auf gleicher Route bergab, teils abseilend, teils kletternd, aber immer sportlich, knackig. Am Ausstieg ins steile Schneefeld gab es dann noch für den, der wollte, eine Schussfahrt Richtung Hütte im Sulzschnee. Der Mittag auf der Hütte bot dann aber endlich den Umzug ins Haupthaus als Krönung. Bei netten Gesprächen in der Abendsonne genossen wir dann den Tag mit dem ersten 4.000er für vier Personen der Sektion, einschließlich mir.

Der letzte sportliche Tag der Tour begann wieder zu einer humanen Uhrzeit, und wir starteten um 6:45 Uhr zurück über die Bellavista-Terrassen, diesmal aber abzweigend hoch auf den Spinas-Grat, den Piz Spinas und dann auf den Piz Palü. Der Firn war am frühen Morgen noch schön fest, sodass wir auch gut mit den an den Vortagen geschundenen Steigeisen vorwärtskamen. Hier auch nochmal ein Dank an Tape, Reepschnüre und MacGyver! Am Grat angekommen, entschlossen sich Andi und Michael dafür, alles mit den Eisen zu klettern, was im Nachgang betrachtet ein gutes Training war, aber eigentlich nicht notwendig. Bei bestem Wetter ging es mal schneller, mal langsamer hinauf, sodass sich auch hier wieder die unterschiedlichen Seilschaften erst mal sehr aufteilten. Unglücklicherweise verstiegen Andi, Tobi und ich uns etwas, weil Andi es uns ein wenig leichter im Abstieg auf dem Schnee machen wollte. Es kostete einige Minuten der Wegfindung, aber mit gutem Auge und etwas Umweg fand Tobi dann einen seitlichen Ausstieg auf den Gipfelanstieg des Spinas. Hier oben trafen wieder alle zusammen und es ging zum Endspurt über schmale Firngrate zum Piz Palü und hinunter auf den Pers-Gletscher. In der Mittagssonne wurde der Schnee dann ein wenig zur Herausforderung, auch wegen einiger Steine, die nicht an ihrer Stelle bleiben wollte, aber das ausgezeichnete Teamwork und auch Michaels und Andis Führung waren hier wieder super, und die „Altherrenmannschaft“ kam nur zwei Minuten hinter der Führenden oberhalb des Piz Trovat am Fels an. Hier flunkerte dann Michael etwas mit der Aussage, dass wir in 20 Minuten am Berghotel ankommen würden… Es ging über einen eindrucksvollen Steig durch etwas Geröll und Schotter langsam um den Berg herum und wieder in “zivilisiertes Gebiet”, mit breiten Pisten und Tagestouristen, und schlussendlich auf die wohlverdiente Terrasse der Diavollezza. Bei gutem Essen und Trinken saßen wir dann auch abends noch zusammen, feierten die großartigen Tage, dass alles bei meist gutem Wetter problemlos lief und nur ein wenig Ausrüstung leiden musste. 

Am nächsten Morgen trennten sich die Wege, Michael und Andi machten noch den Ostpfeiler des Palü, während wir gemütlich frühstückten und durchs Fernrohr zusehen durften – welch ein Spaß! Danach ging es talwärts mit der Bergbahn und für die meisten nach Hause.

Einen besonderen Dank hier an Andreas Löffler, der diese Tour schon eine Weile in der Schublade hatte, und Michael Harnischfeger, der wie „Speedy Gonzales“ mal vorne, mal hinten, mal über uns nach dem Rechten sah. 

 

Text: Jan Schmithuysen

Bilder: Teilnehmer